Jeder fünfte Patient nimmt laut einer Studie während des Klinikaufenthalts Substanzen ein, deren Einnahme in der Krankenakte nicht verzeichnet ist. Die Patienten riskieren damit gefährliche Wechselwirkungen mit den parallel dazu ärztlich verordneten Arzneimitteln. Bei den eingenommenen Präparaten handelt es sich vor allem um Schmerz- und Beruhigungsmittel sowie Medikamente gegen Sodbrennen, so die Studie der Abteilung Innere Medizin VI der Universitätsklinik Heidelberg. In einer zweiten Untersuchung konnten die Wissenschaftler das häufigste Arzneimittel konkretisieren: Sieben Prozent der Patienten nehmen laut dieser Studie Johanniskraut-Präparate, ohne dass es den behandelnden Klinikärzten bekannt ist. Die mangelnde Kenntnis kann schwere Folgen haben: Johanniskraut stimuliert unter anderem P450-Enzyme in Leber und Darm, die den Abbau von vielen Arzneimitteln beschleunigen, bei denen die präzise Dosierung für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend ist. In diesen Fällen muss die Konzentration des Medikaments im Blut ein bestimmtes Niveau erreichen, beispielsweise um eine Abstoßungsreaktion gegen ein fremdes Organ wirksam zu verhindern. Aber auch bei weit verbreiteten Medikamenten wie Antikoagulanzien, Kontrazeptiva zur Schwangerschaftsverhütung und Arzneimittel gegen das HI-Virus sollte die Dosis bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut angepasst oder auf die Kombination ganz verzichtet werden. Die Wissenschaftler sehen zwei mögliche Ursachen für das Informationsdefizit: Entweder wurde die Krankengeschichte vom Arzt nicht vollständig erhoben oder die Patienten behandelten sich einfach selbst. Möglich erscheint auch, dass die Patienten die Wichtigkeit dieser Information und den erheblichen Einfluss von Johanniskraut auf die übrige Arzneimitteltherapie unterschätzen. Noch immer würden viele Menschen davon ausgehen, dass pflanzliche Produkte keine Sicherheitsrisiken beinhalten. MEDICA.de; Quelle: Universitätklinikum Heidelberg
Dr. Simon Schmitt
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